
So erleben Sehbeeinträchtigte elektronische Barrieren im Alltag
Für Sehende sind die Barrieren und Frustrationen, denen Sehbeeinträchtigte bei der Nutzung elektronischer Kommunikation ausgesetzt sind, schwer nachzuvollziehen. Zusätzlich zu den zahlreichen Hindernissen und Aufgaben im Alltag wird ihnen der Zugang zu digitalen Informationen oft massiv erschwert. Doch gerade diese Menschen sind auf das Internet als Informations- und Kommunikationskanal angewiesen, damit ihre Autonomie nicht noch mehr eingeschränkt wird.
Es lauern unzählige große und kleine Frustrationen
Obwohl es EU-weit seit dem Jahr 2020 schon entsprechende Standards und Vorschriften gibt, hat sich die Barrierefreiheit online bislang nur langsam entwickelt. Dazu beigetragen hat eine Mischung verschiedener Faktoren, die in Summe ein ungünstiges Mengengelage ergeben.
Mangelndes Verständnis
Jemandem, dem alle Sinne uneingeschränkt zur Verfügung stehen, ist es nur schwer zu vermitteln, wie sich das Leben ohne einen dieser Sinne darstellt. Punktuell könnte man sich natürlich die Augen verbinden, um ein Gefühl für Blindheit zu bekommen, und dann vor einen Computer setzen, um Barrierefreiheit in der Praxis zu erleben. Aber, Hand aufs Herz, wer macht das schon über vielleicht ein paar Minuten hinaus. Zudem fehlen ja dann zumeist auch noch die nötigen technischen Grundlangen, wie ein professioneller Screenreader (Jaws oder NDVA unter Windows) und das generellen Wissen diesen zu bedienen. Bliebe noch als Option der Austausch mit einer betroffenen Person, der zwar ausgesprochen lehrreich wäre, aber nur von wenigen wahrgenommen wird.
Mangelnde Umsetzung
Ein schneller Test, den jeder selbst leicht nachstellen kann, zeigt: Viele Webseiten
Mangelnde Tiefe
Viele Unternehmen bieten zwar eine mehr oder weniger barrierefreie Webseite an, vergessen dann aber, auch die weiteren Kommunikation mit ihren Kunden entsprechend anzupassen. Ein Online-Kundenkonto oder eine Service-App sind inzwischen Standard, ebenso die Rechnungszustellung per PDF. Gut gemacht spart das allen Beteiligten viel Zeit und den Unternehmen zusätzlich bares Geld (Servicemitarbeiter, Portokosten, etc.). Schlecht gemacht nützt das allerdings niemandem, denn eine nicht barrierefreie PDF-Rechnung ist nutzlos für den sehbehinderten Kunden. Ebenso eine App, in der er mangels Barrierefreiheit nicht navigieren kann und so das Self Service verunmöglicht.
INFO: Typische Probleme bei der Online-Barrierefreiheit
Grafiken & Bilder
Meist fehlt im Content Management System einer Webseite das Eintragsfeld für Alternativtexte, oder der für den Inhalt verantwortliche Redakteuer vergisst diese anzulegen. Dadurch werden Abbildungen für Screenreader allerdings unsichtbar, was sich negativ auf den Sinngehalt des begleitenden Textes auswirkt, dieser scheint unvollständig.
Tabellen
Wenn Tabellen nicht inhaltlich präzise und technisch korrekt angelegt sind, dann stiftet das reine Vorlesen durch einen Reader Verwirrung, da keine Zusammenhänge zwischen den einzelnen Zeilen und Spalten hergestellt werden können.
Formulare
Neben einer klaren Struktur müssen alle Eingabefelder auch über eine eindeutige Beschriftung verfügen. Darüber hinaus sollten sie auch mit der Tastatur problemlos ansteuerbar sein, da sonst das Ausfüllen unmöglich ist. Buttons wie etwa "Jetzt bestellen" oder "Abbrechen", die meist nebeneinander zu finden sind, müssen ebenfalls gleichermaßen beschriftet und navigierbar sein.
Navigation
Die saubere Trennung von Hauptnavigation, Inhalt, Formularen und Footer ist unumgänglich, um eine Webseite als Gesamtheit nutzen zu können. Mittels Tastatur muss jeder dieser getrennten Bereich ansteuerbar und bedienbar sein.
Texte
Es ist unabdingbar einen saubere und leicht nachvollziehbare Textstruktur zu schaffen, die über hierarchische Ebenen den Inhalt strukturiert.
Emails
Viele Unternehmen vergessen in ihren Emails an Kunden oft, dass auch diese Nachrichten barrierefrei aufgebaut sein müssen, ebenso wie eine Webseite.
Monatsrechnungen & andere PDFs
Auch hier wird zumeist auf Barrierefreiheit vergessen, was in der Praxis aber dann zur Folge hat, dass diese Dokumente unlesbar sind für Screenreader.
Apps
Eine App fällt als digitales Kommunikationsmittel ebefalls unter die Vorgaben der Barrierefreiheit und muss ebenso wie eine Webseite mittels Screenreader lesbar sein.