
Auf Barrierefreiheit sind mehr Menschen angewiesen als man zunächst denken mag!
Es mag an dieser Stelle vielleicht etwas unpassend formuliert erscheinen, aber tatsächlich sind Betroffene im öffentlichen Leben meist unSICHTbar. Jedenfalls aus dem Blickwinkel der Sehenden betrachtet. Tatsächlich stellt dies aber eine grobe Fehleinschätzung dar, wenn man die offiziellen Zahlen auswertet.
Sichtbar machen was unsichtbar scheint
In den letzten Jahren rückt, nicht zuletzt dank internationaler Zusammenarbeit etwa auf EU-Ebene, die soziale Förderung und Gleichstellung von Randgruppen immer mehr in den politischen Vordergrund. Gab es bis vor wenigen Jahren noch wenige verlässliche Zahlen, so sind diese inzwischen sehr gut erhoben und ausgewertet. In Österreich fördert eine aktuelle Studie des Sozialministeriums von April 2024 erstaunliche Zahlen zutage. Diese Zahlen bieten auch eine ausgezeichnete Basis für die hohe Relevanz barrierefreier Maßnahmen.
Betroffene Personengruppen
25% der österreichischen Bevölkerung in Privathaushalten zwischen 15 und 89 Jahren (das entspricht 1,9 Millionen Menschen) sind bei Aktivitäten des Alltagslebens gesundheitsbedingt etwas oder stark eingeschränkt, leben also gemäß der Definition des offiziellen Global Activity Limitation Indicators (GALI) mit Behinderungen.
Menschen mit Sehbeeinträchtigung
25,3 % dieser Personen mit Behinderungen haben trotz Sehhilfe (Brille, Lesebrille oder Kontaktlinsen) zumindest einige Probleme beim Sehen oder sind blind. Daher sind österreichweit knapp 481.000 Menschen beim Lesen elektronischer Texte auf zusätzliche Unterstützung angewiesen (z.B. Screenreader).
Informationsverluste durch mangelnde Barrierefreiheit
Durch diese große Zahl zeigt sich plötzlich wieviel Menschen auf ein barrierefreie Internet angewiesen sind: Einer von zwanzig Nutzern Ihrer Webseite, Ihres Online-Shops, Ihrer App oder Ihrer PDFs kann diese vermutlich nach heutigem Stand nicht vollständig nutzen, da eine sinnhafte Erfassung mittels Screenreadern nicht gewährleistet ist. Daraus ergibt sich dann die logische Schlussfolgerung, dass diese 5% Ihrer Nutzer entweder erst gar nicht bestellen, also Kunde werden (weil der Online-Shop nicht barrierefrei ist) oder – falls sie schon Kunde sind – ein eingeschränktes bzw. unbefriedigendes Benutzererlebnis haben (etwa weil die PDF-Monatsrechnung nicht barrierefrei ist und dadurch elementare Informationen fehlen). In beiden Fällen hat das für Ihr Unternehmen negative Auswirkungen: Einerseits haben Sie weniger Kunden als Sie haben könnten, da Sie unnötige Hürden beim Bestellen aufbauen. Und andererseits überlasten Sie unnötig Ihr Callcenter und Supportteam, da mehr Anfragen auflaufen von Usern, die auf anderem Wege nicht zu den von ihnen gesuchten Informationen gelangen können.
INFO: So funktionieren Bildschirmleseprogramme
Was liest ein Screenreader?
Sehbeeinträchtigte Computerbenutzer verwenden in der Regel einen Screenreader. Einfach ausgedrückt handelt es sich dabei um eine Software, die "herausfindet", was auf dem Bildschirm angezeigt wird und diese Informationen an einen Sprachsynthesizer sendet, der sie dann vorliest, oder optional an eine mit dem Computer verbundene Braillezeile sendet. Was einfach klingt ist in der Praxis äußerst komplex, da zum Beispiel eine Webseite sehr vielschichtig aufgebaut ist und aus Grafiken, Fotos, Texten, Tabellen, Navigationselementen, etc. besteht.
Wie liest ein Screenreader?
Visuell sind die erwähnten Inhalte recht einfach zu erfassen, da unter anderem auch unterschiedliche Farben und Schriften bei der Strukturierung helfen. Einem Screenreader nützt dies aber gar nichts, da er rein nach textlichen Informationen sucht. Wenn diese nicht barrierefreit aufbereitet sind, dann kann der Screenreader unterschiedliche Elemente der Webseite nicht klar trennen und liefert einen recht unverständlichen "Sprachsalat", der für den Nutzer sinnlos ist. Daher ist jeder Screenreader hier auf Unterstützung durch den Entwickler der Webseite angewiesen, um brauchbare Ergebnisse zu liefern und eine Bedienung der Webseite zu ermöglichen.